Ziele der Kooperation
Die Mitglieder der Sicherheitspartnerschaft haben als Ziele für ihr Handeln 11 Punkte vereinbart. Jedes Mitglied hat sich selbst verpflichtet, in seinem Aufgabenbereich im Sinne dieser Vereinbarung tätig zu werden und städtebauliche Sicherheit und Prävention in die eigenen Handlungsfelder aufgabenbezogen zu integrieren.
1 − Sicherheit im öffentlichen Raum
Es ist bekannt, dass das Maß der Sicherheit auf Straßen und Plätzen im öffentlichem Raum wesentlich mit beeinflusst wird durch offene, helle und die Kommunikation fördernde Strukturen, die zu jeder Zeit − auch unter ungünstigen Lichtverhältnissen − gut einsehbar sind. Durch klare, übersichtliche Führung der Verkehrswege sowie die direkte Zuordnung der Hauseingänge zum öffentlichen Raum kann das individuelle Sicherheitsgefühl und die reale Sicherheitslage erhöht werden. Häuser und Gebäude sollten sich mit ihren Fenstern und Türen den öffentlichen Räumen zu- und nicht abwenden. Bei der Neuplanung und Neugestaltung von Wohngebieten sollten Sicherheitsaspekte bereits bei der Anordnung und baulichen Gestaltung berücksichtigt werden.
2 − Nutzungsmischung
Die Funktionen Wohnen, Arbeiten, Verkehr, Versorgung und Freizeit („Daseinsgrundfunktionen“) dürfen nicht vollständig voneinander isoliert werden, sondern sollten sinnvoll miteinander kombiniert werden. Einseitig und zeitlich begrenzt genutzte Räume fördern das Unsicherheitsempfinden in den Zeiten, in denen sie unbelebt bleiben. Wir setzen uns deshalb dafür ein, mit der Stadt-, Wohnungsbau- und Sozialplanung den Siedlungsraum zu beleben. Vielfältige Mischungen der Funktionen müssen erhalten, gefördert und weiterentwickelt werden. Dazu kann eine Mischung von Wohnformen und Eigentumsverhältnissen im Interesse lebendiger Wohnquartiere mit einer hohen Aufenthaltsqualität beitragen. Sicherheitsstrategien sollten so angelegt sein, dass sie räumlichen Abschottungen und sozialer Desintegration entgegen wirken. Es sollte aber auch darauf geachtet werden, dass sicherheitsorientierte Maßnahmen Nutzungskonflikte nicht verstärken.
3 − Benutzungssicherheit im Verkehrsraum
Der Sicherheit auf den Wegeverbindungen innerhalb und zwischen den Quartieren ist ein hoher Stellenwert zuzumessen. Neben der Verkehrssicherheit im engeren Sinn ist das Sicherheitsgefühl der Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer zu beachten. Dazu müssen Räume und Wege übersichtlich gestaltet sein und Gelegenheiten zur belebten Nutzung bieten, damit sie von Passantinnen und Passanten jeder Altersgruppe zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln sicher zu bewältigen sind. Soweit die Verkehrssicherheit dies zulässt, sollten Fuß-, Rad- und Fahrverkehr wieder mehr gebündelt werden, um die Belebung zu erhöhen und mehr soziale Kontrolle zu erreichen.
4 − Förderung der Nachbarschaft
In Folge von Zuwanderung und hoher regionaler Mobilität weisen neugebaute Wohngebiete, aber auch erneuerungsbedürftige Wohnungsbestände oft eine große Vielfalt verschiedener Bevölkerungsgruppen auf. Hier wären das Sozialmanagement der Wohnungsunternehmen und die sozialen Dienstleistungen der Kommunen so auszurichten, dass aus dem oft verunsichernden Nebeneinander fremder Menschen und Kulturen vertrauensvolle Nachbarschaften werden können. Eine besondere Rolle kommt der Mieterbeteiligung zu. Durch die Stärkung von Mietervertretungen bei den Wohnungsunternehmen und die Übertragung von siedlungsbezogenen Kompetenzen können das Verantwortungsgefühl der Bewohnerinnen und Bewohner, die Nachbarschaften und damit auch die soziale Kontrolle im Quartier nachhaltig gestärkt werden.
5 − Öffentlichkeitsbeteiligung
Bürgerinnen und Bürger sowie Bewohnerinitiativen sollten frühzeitig im Rahmen von Partizipationsprozessen − auch unter Erprobung neuer Beteiligungsmethoden − in Planungen und Entwicklungen einbezogen werden, um lokale Potenziale zu wecken und die Bildung sozialer Netzwerke anzuregen.
6 − Kooperation und Informationsaustausch
Wir setzen uns dafür ein, die Zusammenarbeit im Interesse einer stärkeren Berücksichtigung Sicherheit fördernder Aspekte zwischen Investoren der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, kommunalen Planungsbehörden, freien Architektinnen und Architekten, Planerinnen und Planern (der Stadtplanung, Freiraumplanung und Sozialplanung) und der Polizei auszubauen. Voraussetzung dafür ist der frühzeitige Austausch von Informationen über problembelastete Orte und Gegenden einerseits und über planerische Absichten der Behörden andererseits, damit sicherheitsrelevante Maßnahmen und Strategien zum Zuge kommen können. Hierbei obliegt es der Polizei, im Rahmen ihrer Erkenntnisse über Kriminalitätserscheinungen und Kriminalität begünstigenden Faktoren die für den Planungs- und Bauprozess relevanten Informationen in das Verfahren einzubringen.
7 − Erprobung neuer Erfahrungen
Wir unterstützen lokale Initiativen, in denen Stadtplanung, Wohnungswirtschaft sowie Polizei kooperative Verfahren eines frühzeitigen und kontinuierlichen Wissens- bzw. Informationsaustausches erproben und regelmäßig prüfen, ob die Prinzipien einer sicheren Wohnumwelt sowohl in der Planung als auch in der Realisierung Beachtung finden und die ergriffenen Maßnahmen die angestrebte Wirkung tatsächlich entfalten.
8 − Netzwerk von Multiplikatoren
Wir werden ein Netzwerk von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sowie Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern für das Thema und seine praktische Umsetzung bilden, um spezifisches Fachwissen frühzeitig und gezielt in städtebauliche Entwicklungen und Planungen einzubringen. Wir wollen die Ideen zur sicherheitsorientierten Gestaltung im Städtebau, in der Architektur und in der Freiraumplanung verankern. Deshalb streben wir an, die zu Grunde liegenden Prinzipien stärker in städtebaulichen Wettbewerben, in Architekturwettbewerben, in Stadt(teil)- Entwicklungsprogrammen und in Aktionsprogrammen der Stadterneuerung zur Geltung zu bringen.
9 − Verstärkung der Öffentlichkeitsbeteiligung
Die Sicherheitspartnerschaft soll auch dazu dienen, dem Thema der städtebaulichen Sicherheit und Prävention mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit zu verschaffen. Wir werden deshalb nach Wegen suchen, die Erkenntnisse aus der Praxis der präventiven Raum- und Stadtgestaltung zu verbreiten, z. B. in Form von Publikationen, Veranstaltungen und Ausstellungen.
10 − Forschung und Evaluation
Es besteht ein Forschungsbedarf zur Wirksamkeit einer „präventiven Siedlungsgestaltung“, damit Erkenntnisse in Form praktischer Empfehlungen in die Handlungsfelder der Raum- und Stadtplanung, der Architektur, der Freiraumplanung, der Verkehrsplanung und der Wohnungswirtschaft zurückfließen können. Wir plädieren daher für die Evaluierung von Projekten, die nach präventiven Prinzipien geplant und gestaltet worden sind, um weiterführende Erkenntnisse zur Verbesserung der Sicherheit wie auch der fachübergreifenden Zusammenarbeit zu gewinnen.
11 − Aus- und Fortbildung
Damit das Bewusstsein einer gemeinsamen Aufgabe gefördert, die Bereitschaft zur Zusammenarbeit gestärkt, die jeweilige Sachkompetenz vertieft und sicherheitsrelevantes Basiswissen vermittelt wird, setzen wir uns dafür ein, dass die Thematik durch entsprechende Angebote in den Fort- und Ausbildungsbereichen von Stadtplanung, Architektur, Freiraumplanung, Verkehrsplanung und Wohnungswirtschaft auch Eingang in den professionellen Wissenskanon findet.